Westasien

In den meisten Kontinenten gab es bis vor kurzem oder gibt es noch matriarchale Gesellschaften, die mit anthropologisch-ethnologischen Methoden erforscht wurden. Selbst wenn etliche heute zerstört sind, wurden sie ethnographisch noch erfasst, das heißt, sie wurden von Augenzeugen ihres damaligen Lebens beschrieben. Das gilt nicht für Westasien und Europa, weil hier Patriarchalisierungsprozesse sehr früh einsetzten und die matriarchalen Kulturen der vorigen Epochen unter ihrem Druck zusammenbrachen, dass sogar die ursprünglichen Namen dieser Kulturen verloren gegangen sind. Sie sind in der Archäologie meist nur als „Substrat“ bekannt. Matriarchatsforscher/innen unternehmen es, die Spuren matriarchaler Gesellschaften mit den verschiedenen Methoden der Kulturgeschichte wieder aufzufinden.  Diese  Methoden sind zwangsläufig indirekt und gleichzeitig interdisziplinär. Sie verbinden nicht nur die Erkenntnisse und Interpretationen der Archäologie Westasiens und Europas, sondern auch die Forschungen in den Bereichen von Mythologie und Religion, zu mündlichen Traditionen aus der jeweils lokalen Volkskunde, zur Landschaftsmythologie, zur Paläo-Linguistik und anderen. Anstelle einer vollständigen Liste aller Quellen, die sich auf die Erforschung von matriarchalen Gesellschaften in der Vergangenheit beziehen, wird hier auf einige exemplarische Arbeiten dieser verschiedenen Wissenschaftszweige verwiesen.

Archäologie

Der „Fruchtbare Halbmond“

Schon 1986 widersprach O. Bar-Yosef der allgemein verbreiteten Auffassung von neolithischem Mauerwerk als „Verteidigungsanlage“. Ian Kuijt/Nigel Goring-Morris 2002 kritisierten grundsätzlich die Auffassung, dass die neolithische Lebensweise durch Konkurrenz und die Bildung von „Eliten“ entstanden sei. In dem informativen Sammelband Die ältesten Monumente der Menschheit stellten Archäologen 2007 die neueste Forschung zum Neolithikum im sog. „Fruchtbaren Halbmond“ dar, so Harald Hauptmann/Mehmet Özdoğan, Trevor Watkins, Olivier Aurenche, Harald Hauptmann/Klaus Schmidt und viele andere, blieben aber teilweise noch in traditionellen Auffassungen verhaftet. Klaus Schmidt 2007 legte eine revidierte, weniger patriarchale Interpretation der monumentalen Anlagen vom Göbekli Tepe vor. Die egalitäre matriarchale Epoche Westasien in den verschiedenen Kulturregionen Westasiens wurde von Heide Göttner-Abendroth 2019 auf dem Boden archäologischer Belege dargestellt (siehe unter Europa – Archäologie).

 

Bar-Yosef, O.: “The Walls of Jericho: An Alternative Interpretation”, in: Current Anthropology 27, Nr. 2, 1986.

Durch eine genauere Untersuchung machte Bar-Yosef klar, dass die berühmten Mauern von Jericho, die als „Verteidigungsanlage“ interpretiert wurden, um den errafften „Mehrwert“ der „Elite“ zu schützen, keine Festung darstellten, sondern dem Hochwasserschutz dienten. Damit wurde zweifelhaft, dass es im Neolithikum überhaupt „Festungsanlagen“ für Kriegszwecke gab.

 

Kuijt, Ian/Goring-Morris, Nigel. “Foraging, Farming, and Social Complexity in the Pre-Pottery Neolithic of the Southern Levant: A Review and Synthesis”, in: Journal of World Prehistory, Bd. 16, Nr. 4, Dezember 2002.

Die Autoren kritisierten das Modell von „sozialem Wettbewerb und Konkurrenz“ mit Bildung von „Eliten“ für die Entstehung der jungsteinzeitlichen Lebensweise. Nach ihrer Auffassung war für die Menschen der soziale Zusammenhalt ihrer Gemeinschaften entscheidend wichtig, den sie durch Kooperation und durch Schaffung religiöser Bauten für die Festigung einer kollektiven Identität herstellten.

 

Hauptmann, Harald/Özdoğan, Mehmet. „Die Neolithische Revolution in Anatolien“, und Watkins, Trevor: „Der Naturraum in Anatolien“. In: Die ältesten Monumente der Menschheit. Vor 12.000 Jahren in Anatolien. Hg. Badisches Landesmuseum Karlsruhe-Stuttgart: Konrad Theiss Verlag, 2007.

In dem Gebiet der Levante (Israel/Palästina, Libanon, Syrien), der Südost-Türkei und des West-Iran, dem sog. „Fruchtbaren Halbmond“, stellten die Forscher die erste Entwicklung von Landwirtschaft und Sesshaftigkeit dar. Die Faktoren Klima, Umwelt und Ressourcen wurden berücksichtigt, die entscheidenden Beiträge von Frauen aber nicht thematisiert.

 

Aurenche, Olivier. Das „Goldene Dreieck“. In: Die ältesten Monumente der Menschheit. Vor 12.000 Jahren in Anatolien. Hg. Badisches Landesmuseum Karlsruhe-Stuttgart: Konrad Theiss Verlag, 2007.

Aurenche präsentierte das Neolithikum im „Fruchtbaren Halbmond“ anhand der konkreten Fundorte und Haustypen. Die größeren Bauten interpretierte er, im Gegensatz zu der früheren Auffassung von „Häuptlingssitzen“, als Gemeinschaftshäuser, allerdings nur für Zeremonien der Männer („Männerhäuser“).

 

Hauptmann, Harald/Schmidt, Klaus. „Anatolien vor 12.000 Jahren. Die Skulpturen des Frühneolithikums“, und Schmidt, Klaus: „Die Steinkreise und die Reliefs des Göbekli Tepe“. In: Die ältesten Monumente der Menschheit. Vor 12.000 Jahren in Anatolien. Hg. Badisches Landesmuseum Karlsruhe-Stuttgart: Konrad Theiss Verlag, 2007.

Hauptmann und Schmidt stellten die monumentalen Tempel vom Göbekli Tepe und vergleichbaren Fundorten als Hochkulturen vor und interpretierten die Anlagen und Reliefs auf den Steinpfeilern. Diese Bauten wurden anfänglich als Ausdruck der Dominanz einer männlichen Elite gedeutet, die sich hier monumentale Denkmäler schuf und einen rein männlichen Kult pflegte. Die Autoren revidierten diese Auffassung von patriarchalen Eliten, indem sie die Bauwerke als Ahnen-Tempel für die Gemeinschaften deuteten.

 

Zentral-Anatolien

James Mellaart 1967, 1975, der Çatal Höyük ausgrub, revidierte als erster das Bild vom Neolithikum als „primitiv“. Er nannte Çatal Höyük eine „Stadtkultur“ und beachtete zugleich die hervorgehobene Stellung der Frauen. Ian Hodder 2004 untersuchte die sozialen Muster in Çatal Höyük und wies auf die egalitäre Lebensweise hin, verstrickte sich jedoch in Widersprüchlichen. Die Archäologinnen Theya I. Molleson 2007, Jane Peterson 2010 und Diane Bolger 2010 gingen der Sache auf den Grund und bewiesen die Egalität der Geschlechter in den neolithischen Kulturen Westasiens. Heide Göttner-Abendroth 2011 kritisierte die Argumentation Hodders zu Çatal Höyük und zeigte auf, dass die Egalität der Gesellschaft auf Matriarchat verweise.

 

Mellaart, James: Çatal Hüyük. Stadt aus der Steinzeit. Bergisch Gladbach: Gustav Lübbe Verlag, 1967 (Original in Englisch, 1967).

Der Archäologe Mellaart hat die neolithische Stadt Çatal Höyük ausgegraben und gab, gestützt auf seine Funde, als erster ein völlig anderes Bild der sog. „Steinzeit“ als seine Zeitgenossen. Er kam zu dem Schluss, dass diese Kultur eindeutig frauenzentriert war und ihre Entwicklung auf einem viel höheren Niveau stand, als zuvor zugegeben wurde. Er wies das Kriterium der Größe für eine „Stadtkultur“ als zu oberflächlich zurück und verwies zusätzlich auf die hohe Arbeitsteilung, den Handel und die weit entwickelte Handwerks-Industrie, Politik und Religion in Çatal Höyük.

 

Mellaart, James. The Neolithic of the Near East. London: Thames & Hudson, 1975.

Mellaart dehnte seinen Forschungsbereich von Çatal Hüyük auf den ganzen Nahen Osten aus, indem er archäologisches Wissen über die verschiedenen Kulturen präsentierte.

 

Hodder, Ian: „Çatal Hüyük – Stadt der Frauen?“ in: Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg, September 2004 (Original in Englisch, Januar 2004).

Hodder betrachtete auf dem Boden vorheriger Forschungen die Sozialordnung in Çatal Höyük genauer und kam zu dem Schluss, dass die gleiche Größe der Häuser sowie gleiche Begräbnissitten für die Geschlechter auf eine egalitäre Gesellschaft hinweisen. Im Selbstwiderspruch dazu behauptete er, dass es mehr Abbildungen von Männern als von Frauen gäbe, womit er die Bedeutung von Frauen herunterspielen und männliche Dominanz belegen wollte.

 

Molleson, Theya I. “Bones of Work at the Origins of Labour”, in: Hamilton/Whitehouse/Wright, Hrsg.: Archaeology of Women: Ancient and Modern Issues, Walnut Creek, CA: Left Coast, 2007.

Anhand der typischen Knochendeformationen an weiblichen Skeletten stellte Molleson fest, dass Getreide zu sammeln oder anzubauen und es zu mahlen eine Tätigkeit der Frauen war, was über Jahrtausende so blieb. Dies verweist auf Frauen als Erfinderinnen der Landwirtschaft.

 

Peterson, Jane: “Domesticating Gender: Neolithic patterns from the southern Levant”, in: Journal of Anthropological Archaeology, Bd. 29,1, September 2010, Elsevier.

Aus Abnutzungserscheinungen an den Knochen erschloss Peterson, dass Frauen allgemein die Feldarbeit mit der Hacke und das Getreidemahlen ausübten, auch die Faserherstellung und Weberei. Männer waren allgemein mit schweren Erdarbeiten wie Roden und Graben und dem Bauen beschäftigt. Die Archäologin konnte trotz der Verschiedenheit der Tätigkeitsbereiche nicht feststellen, dass ein Bereich weniger wert war als der andere, auch nicht, dass ein Geschlecht die Hauptlast der Arbeit trug und von dem anderen kontrolliert wurde.

 

Bolger, Diane: “The Dynamics of Gender in Early Agricultural Societies of the Near East”. In: Signs, Bd. 32, Nr. 2, Winter 2010.

Bolger gab als ein Beispiel Domuztepe in Südost-Anatolien (6.500-5.500) an, um zu zeigen, dass die Begräbnissitten soziale Gleichheit bis in die späte Jungsteinzeit/Kupferzeit in Westasien belegen.

 

Göttner-Abendroth, Heide: „Gab es eine matriarchale Gesellschaftsordnung in Chatal Hüyük? Eine kritische Analyse der jüngsten Argumentation zu diesem Thema“, in: Göttner-Abendroth, Heide: Am Anfang die Mütter. Matriarchale Gesellschaft und Politik als Alternative, Stuttgart: Kohlhammer Verlag, 2011.

In diesem Aufsatz kritisierte die Autorin die ideologische Argumentation Hodders zu Çatal Höyük und wies darauf hin, dass die allgemeine Egalität und die zwischen den Geschlechtern, die Hodder in dieser Stadtkultur doch feststellte, eine matriarchale Gesellschaft belege.

 

Mesopotamien

 

Die Archäologie Mesopotamiens war die längste Zeit mit der Rekonstruktion der gewaltigen Ruinen, der Königslisten und Dynastien beschäftigt und in der Auffassung befangen, dass hier die ersten Städte und Zivilisationen entstanden. Zugrunde lag die problematische Definition von Stadt von Gordon Childe 1952. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jhs. wurde den vorangegangenen Kulturen in diesem Gebiet mehr Aufmerksamkeit geschenkt, kurzgefasst bei Seton Lloyd 1978 und ausführlicher bei Charles Keith Maisels 1999/2001. Hans J. Nissen 2012 bezog nicht nur Mesopotamien, sondern die gesamte Region in die dynamische Entwicklung von Hochkulturen ein, konnte sich aber von dem „Elite“-Gedanken nicht lösen.

 

Childe, Gordon. “The Urban Revolution”. In: The Town Planning Review, 21,1, 1950.

Childe nannte für „Stadt“ nicht nur die Kriterien von Größe, spezialisierten Berufen und technischem Können, sondern auch Konzentration von Mehrwert, herrschende Klasse, Hierarchie und permanente Staatsorganisation. Letztere charakterisieren patriarchal geführte Stadtstaaten, woran zu sehen ist, dass Childe seine Kriterien vom späten Mesopotamien ableitete und diese einseitige Bestimmung unzulässig verallgemeinerte.

 

Lloyd, Seton: Die Archäologie Mesopotamiens. Von der Altsteinzeit bis zur persischen Eroberung.

München: Beck Verlag, 1981 (Original in Englisch, 1978).

Lloyd schrieb eine Gesamtgeschichte Mesopotamiens, einschließlich der frühen Kulturen, stellte aber überwiegend Architektur und Kunst dar.

 

Maisels, Charles Keith. Early Civilizations of the Old World. The formative histories of Egypt, the Levant, Mesopotamia, India and China. London, New York: Routledge, 1999/2001.

In diesem weitgespannten Werk beschrieb Maisels auch die frühe Entwicklung Mesopotamiens und bezog ökonomische, ökologische und soziale Faktoren ein. Er zeigte, dass Zivilisation hier weit früher begann als die ersten hierarchischen Stadtstaaten.

 

Nissen, Hans J. Geschichte Alt-Vorderasiens. München: Oldenbourg Verlag, 2012.

Der Autor erfasste nicht nur die späten Hochkulturen Mesopotamiens, sondern bezog auch die frühen Hochkulturen der gesamten Region ein. Jedoch interpretierte er in diese vor-patriarchalen Kulturen mit egalitären Zügen „leitende Eliten“ hinein, wobei er größere Arbeitsteilung und Komplexität fälschlich mit Hierarchie gleichsetzte.

Mythologie- und Religionsforschung

Mythologie und Religion

Edwin O. James 1959/2003 präsentierte die indischen, persischen, ägyptischen und europäischen Quellen zu den Kulten der Muttergöttinnen, welche die alten Religionen Westasiens einschließen. Miriam Robbins Dexter 1990 fügte auf dem Boden von James eine detaillierte Quellenforschung zur Frage nach der Göttin-Religion hinzu, wobei sie sich 2009 auf die Göttinnen Anatoliens konzentrierte.

 

James, Edwin O.: Der Kult der Großen Göttin, Bern 2003, Edition Amalia (Original in Englisch, 1959).

James gab in seinem reichen Werk einen detaillierten Überblick über die Quellen zu den Kulten der Großen Muttergöttinnen in einer großen Zahl von Kulturen von Indien über Persien und den Nahen Osten bis Ägypten, den Mittelmeerraum und Europa.

 

Dexter, Miriam Robbins. Whence the Goddesses: A Source Book. New York: Athene Series, Teachers College Press, 1990.

Dexter nahm den Fokus auf die Göttin-Religion auf und präsentierte eine dichte Fülle von Original-Quellen dazu, wobei sie die Kulturgebiete von Indien, Westasien, dem Mittelmeerraum und Europa einschloss und damit das Untersuchungsfeld intensivierte.

 

Dexter. Miriam Robbins. “Ancient Felines and the Great Goddess in Anatolia: Kubaba and Cybele”. In: Proceedings of the 20 th Annual UCLA Indo-European Conference, Los Angeles 2008, veröffentlicht Bremen 2009, Hempen Verlag.

Der neuerlichen, polemischen Herabsetzung der großen Göttinnen-Reliefs von Çatal Höyük, bei der diese Figuren als „Tiere“ bezeichnet werden, folgte Dexter nicht und stellte stattdessen eine kulturgeschichtliche Verbindung her zwischen den neolithischen Frauenfigurinen mit Raubkatzen und den späteren Großen Göttinnen Westasiens.

Forschung zur Patriarchatsentstehung

Patriarchatsentstehung

Gerda Lerner 1986/1991 widmete sich der Situation der Frauen in Babylon und Assyrien und behauptete, die Entstehung des Patriarchats in Westasiens zu erklären. Heide Göttner-Abendroth 2019 gab eine Erklärung für Patriarchatsentstehung in Mesopotamien, die auf archäologischen und ökologischen Faktoren beruht und von dem Klischee abweicht, dass allein die Erfindung der künstlichen Bewässerung zu Patriarchat in dieser Kulturregion geführt hätte (siehe unter Europa – Archäologie ).

 

Lerner, Gerda: Die Entstehung des Patriarchats, Frankfurt: Campus Verlag, 1991 (Original in Englisch, 1986).

Lerner schrieb eine ausgezeichnete Studie über die Situation der Frauen unter den patriarchalen Verhältnissen in Babylon und Assyrien, als diese schon etabliert waren. Entgegen dem Buchtitel gab sie jedoch keine Erklärung für Patriarchatsentstehung in Westasien (Mesopotamien).

Forschung zu Kriegerinnen und Amazonen

Kriegerinnen und Amazonen

Die Frage, ob es Amazonen gab, hat die Forschung lange beschäftigt, jedoch waren die Antworten in der Regel ideologisch verzerrt. Erst in jüngerer Zeit wurde ihr ernsthaft auf dem Boden archäologischer Forschung nachgegangen. Bereits 1975/1979 wies Pierre Samuel auf den Unterschied zwischen Kriegerinnen und Amazonen hin. Jeannine Davis-Kimball 2002 stützte sich als erste auf archäologische Funde in den Steppen, während Gerhard Pöllauer 2002 die Geschichte der Amazonen in Westasien in einem interdisziplinären Verfahren rekonstruierte. Natalia Berseneva 2008 revidierte das Verständnis der Geschlechter-Rollen in dieser Hinsicht, und Renate Rolle 2010 und Elena Fialko 2010 gaben die neuesten archäologischen Fakten zu diesem Thema. Adrienne Mayor 2014 steuerte einen reichen Schatz an Erzählungen aus den eurasischen Steppen bei.

 

Samuel, Pierre. Amazonen, Kriegerinnen und Kraftfrauen, München: Trikont Verlag, 1979 (Original in Französisch, Grenoble 1975).

In einem Buch machte Samuel den Unterschied zwischen Kriegerinnen, die zusammen mit Männern kämpfen, und Amazonen als reinen Frauengesellschaften klar. Er unterschied davon nochmals „Kraftfrauen“ wie Athletinnen, Sportreiterinnen und andere, die im modernen Sprachgebrauch ebenfalls fälschlich als „Amazonen“ bezeichnet werden.

 

Davis-Kimball, Jeannine. Warrior women. An archaeologist's search for history's hidden heroines, New York 2002, Warner Books.

Davis-Kimball präsentierte als erste die Gräberfunde von bewaffneten Frauen in den Schwarzmeer-Steppen. Sie bezeichnete sie korrekt als „Kriegerinnen“ und nannte sie nicht „Amazonen“, weil es hier keine Indizien auf rein weibliche Kampfverbände gibt.

 

Pöllauer, Gerhard. Die verlorene Geschichte der Amazonen, Klagenfurt: AT Verlag, 2002.

Pöllauer, Gerhard: Auf den Spuren der Amazonen, Klagenfurt, Mai 1994 (unveröffentlichtes Manuskript).

Pöllauer gebrauchte ein interdisziplinäres Verfahren, bei dem er sich auf wenig bekannte, Ausgrabungen italienischer und türkischer Archäologen sowie seine eigenen archäologischen Beobachtungen stützte und die historischen schriftlichen Quellen der Griechen und anderer Völker einbezog. In dieser äußerst interessanten Studie, in der er „Kriegerinnen“ und „Amazonen“ klar unterscheidet, gelang es ihm, die Geschichte der Amazonen als reinen Frauengesellschaften im östlichen Mittelmeerraum und in Anatolien zu rekonstruieren.

 

Berseneva, Natalia. “Women and Children in the Sagat Culture”, in: Linduff/Robinson, Hg.: Are all Warriors Male? Gender Roles on the Eurasian Steppe, Lanham 2008, Altamora Press.

Berseneva kritisierte die lange in der Archäologie geltende Auffassung, dass alle Gräber mit Waffenfunden Männergräber seien, und stellte dem die neueren Funde entgegen.

 

Rolle, Renate. „Tod und Begräbnis. Nekropolen und die bisher erkennbare Stellung von Frauen mit Waffen“.

Rolle, Renate: „Bewaffnung und mögliche Kampfesweise skythischer Kriegerinnen“.

Beides in: Ausstellungskatalog: Amazonen. Geheimnisvolle Kriegerinnen, Hg.: Historisches Museum der Pfalz, Speyer-München: Edition Minerva, 2010.

Die deutsche Archäologin Rolle zeigte auf, wie man durch verfeinerte Skelettanalysen an den Knochen von Frauen die typische Abnutzungsdeformationen durch den ständigen Gebrauch von Waffen erkennen kann, was sie für die Frauengräber in den Steppen nördlich des Schwarzen Meeres untersuchte. Nach ihr wird die Kombination von weiblichen Arbeitsgeräten, Schmuck und Kosmetikutensilien zugleich mit Waffen als Grabbeigaben in der heutigen Archäologie stets als ein typisches Kriegerinnengrab eingestuft.

 

Fialko, Elena. „Skythische ‚Amazonen‘ in den Nordschwarzmeersteppen“. In: Ausstellungskatalog: Amazonen. Geheimnisvolle Kriegerinnen, Hg.: Historisches Museum der Pfalz, Speyer-München: Edition Minerva, 2010.

Fialko, die ukrainische Kollegin Rolles, ergänzte deren Forschungen durch statistische Untersuchungen zur Häufigkeit von Kriegerinnengräbern, deren Prozentsatz niedrig ist, und zum Alter der Kriegerinnen, als sie den Tod fanden. Da beide Archäologinnen sich auf das Schwarzmeergebiet mit gemischten Männer- und Frauengräbern beschränkten, waren sie der Meinung, dass es Amazonen als reine Frauengesellschaften nicht gegeben habe.

 

Mayor, Adrienne. The Amazons. Lives and Legends of Warrior Women across the Ancient World, Princeton & Oxford: Princeton University Press, 2014.

Mayors Buch ist eine reiche Sammlung von Erzählungen eurasischer Völker über Kriegerinnen im gesamten eurasischen Steppenraum von der Ukraine bis China. Trotz dieses Verdienstes ist der Titel des Buches irreführend, da hier aus literarischen Quellen das Phänomen von Kriegerinnen präsentiert wurde, die in gemischten Gesellschaften lebten und daher keine Amazonen waren.